Das BMVI klärt auf:
Die größten Irrtümer über die Straßenverkehrs-Ordnung im Radverkehr
Annahme: Radfahrer haben an Zebrastreifen wie die Fußgänger Vorrang
Tatsache:
Bei Zebrastreifen (Zeichen 293 der Straßenverkehrs-Ordnung) handelt es sich um Fußgängerüberwege. Mit Ausnahme der Straßenbahnen und anderen Schienenfahrzeuge haben dort alle Fahrzeuge den Fußgängern immer das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, wenn sie erkennbar den Überweg benutzen wollen. Dann dürfen die Fahrzeuge sich dem Zebrastreifen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern, soweit notwendig, muss auch gewartet werden. Will der Radfahrer dort wie ein Fußgänger behandelt werden, so muss er absteigen und dann das Rad über den Zebrastreifen schieben! Befindet sich neben dem Zebrastreifen eine Radfahrerfurt oder wird die Radfahrerfurt von einem Zebrastreifen umschlossen, so wird die Radfahrerfurt dadurch nicht zum Zebrastreifen.
Annahme: Handy-hand-held-Verbot gilt nur für Autofahrer
Tatsache: Nach § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrs-Ordnung gilt das Handy-Verbot, soweit es zur Nutzung aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt auch für Radfahrer während der Fahrt. Also dürfen Radfahrer nur bei Stillstand das Handy in der Hand benutzen.
Annahme: An Fahrzeugschlangen darf ich bis zur Ampel immer rechts vorbeifahren
Tatsache: Nach § 5 Absatz 8 StVO darf ich nur an stehenden Fahrzeugschlangen vorsichtig rechts vorbei fahren, wenn ausreichender Raum vorhanden ist. Ausreichend ist der Raum, wenn zwischen Bordstein und wartendem Fahrzeug mindestens 1 m Platz ist. Zudem ist Vorsicht geboten bei wartenden Lkw - die sehen oftmals die Radfahrer neben ihnen nicht, weil sie sich im "toten Winkel" befinden. Daher sollte man sich niemals neben sie stellen.
Annahme: Für Radfahrer gilt innerorts keine Höchstgeschwindigkeit
Tatsache: § 3 Absatz 3 legt zwar nur für Kraftfahrzeuge eine generelle Innerortshöchstgeschwindigkeit von 50 km/h fest, die mit Verkehrszeichen angeordneten Geschwindigkeiten gelten aber für alle Fahrzeuge - damit auch für Radfahrer. Zudem gilt nach Absatz 1 dieser Vorschrift, das der Fahrzeugführer seine Geschwindigkeit immer so zu wählen hat, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Insbesondere ist die Geschwindigkeit den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wettverhältnissen sowie den eigenen persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften des Fahrzeugs anzupassen. Gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen muss zudem die Geschwindigkeit herabgesetzt werden, müssen Radfahrer folglich vor allem innerorts in Großstädten mit der Vielzahl an jungen und alten Verkehrsteilnehmern jederzeit bremsbereit sein.
Annahme: Radfahrer dürfen auch betrunken Rad fahren
Tatsache: Eine alkoholisierte Verkehrsteilnahme mit dem Fahrrad besitzt – zumindest für andere Verkehrsteilnehmer – nicht in jedem Fall die gleiche Gefährlichkeit wie eine alkoholisietie Verkehrsteilnahme mit dem Pkw. Im geltenden Recht wird an vielen Stellen zwischen der alkoholisierten Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug und der alkoholisierten Teilnahme mit einem anderen Fahrzeug (z. B. Fahrrad) differenziert.
Zurzeit gelten folgende verkehrsrechtliche Vorschriften:
Die 0,5 Promille-Grenze gilt gemäß § 24a des Straßenverkehrsgesetzes (Ordnungswidrigkeit) nur für das Führen von Kraftfahrzeugen, also nicht für Fahrradfahrer.
Die 1,6 Promille-Grenze findet sich in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Sie bezieht sich auf die Anordnung einer MPU zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung. Sie gilt für das Führen aller Fahrzeuge.
Die einschlägigen Strafvorschriften (§§ 315c, 316 StGB) enthalten keine konkreten Promillegrenzen, sondern stellen auf die "Fahrunsicherheit" des Fahrzeugführers ab. Die Rechtsprechung geht derzeit davon aus, dass eine "absolute Fahrunsicherheit" beim Führen eines Kraftfahrzeugs bereits ab 1,1 Promille und bei Radfahrern ab 1,6 Promille vorliegt. Eine Strafbarkeit kann auch mit geringeren Promillezahlen (ab 0,3 Promille) vorliegen, wenn der Betreffende durch weitere Beweisanzeichen (z. B. Fahrfehler) zeigt, dass er "relativ fahrunsicher" ist.
Annahme: Radfahrer dürfen nebeneinander fahren
Tatsache: Wie auf der Fahrbahn gilt auch für Radwege, dass Radfahrer grundsätzlich hintereinander fahren müssen (§ 2 Absatz 4 StVO). Nebeneinander dürfen sie nur fahren, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird. Dies ist immer der Fall, wenn dadurch z. B. die Leichtigkeit des Überholvorgangs gestört wird – das gilt auch für Radfahrer untereinander. Etwas anderes gilt nur in Fahrradstraßen, diese sind aber extra mit einem entsprechenden Verkehrszeichen (Zeichen 244.1/ 244.2) beschildert. Dort darf auch nebeneinander gefahren werden.
Annahme: Radfahrer dürfen Einbahnstraßen in Gegenrichtung benutzen
Tatsache: Nur wenn ein Zusatzzeichen zum Einbahnstraßenschild dies erlaubt, darf der Radfahrer die Einbahnstraße in Gegenrichtung benutzen. Dann hat er am rechten Fahrbahnrand zu fahren. Bei Ausfahrt und im Verlauf der Einbahnstraße gilt es vorsichtig zu fahren, denn nicht jeder entgegenkommende Fahrzeugführer rechnet mit dem Radfahrer.
Annahme: Radfahrer dürfen den entgegen gerichteten Radweg benutzen
Tatsache: Radwege in Gegemichtung dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch ein Verkehrszeichen erlaubt ist. Ansonsten gilt in Deutschland das Rechtsfahrgebot. Also müssen Radfahrer auch grundsätzlich immer den rechten Radweg benutzen. Eine Benutzungspflicht besteht dabei nur für Radwege, die mit einem Zeichen 237, 240 oder 241 beschildert sind. Diese Zeichen ordnen die Radwegebenutzungspflicht an. Andere Radwege sind solche, die nicht diesen Zeichen beschildert sind. Diese dürfen benutzt werden, müssen aber nicht. Dort darf man auch auf der Fahrbahn mit dem Rad fahren. Da zudem nach § 2 Absatz 2 StVO möglichst weit rechts zu fahren ist, stimmt auch die Annahme nicht, dass ich als Radfahrer immer in der Mitte des Fahrstreifens fahren darf. Wie weit ich an den Fahrbahnrand heranfahren muss, entscheidet die konkrete Örtlichkeit (z. B.: Parkstreifen, Gullideckel etc.).
Annahme: Benutzungspflichtige Radwege muss ich nur benutzen, wenn das zumutbar ist
Tatsache: Auch wenn benutzungspflichtig angeordnete Radwege nicht den Komfortansprüchen der Radfahrer entsprechen, müssen sie dennoch benutzt werden. Mit der Anordnung der Benutzungspflicht einher geht für Radfahrer immer ein Fahrbahnbenutzungsverbot. Für Rennradfahrer gilt die Radwegebenutzungspflicht übrigens auch, wenn sie angeordnet ist. Nur wenn der Radweg tatsächlich (zugeparkt, Eisschicht etc.) nicht befahrbar ist, dann muss er nicht benutzt werden. Das heißt aber nicht, dass ich dann selbstverständlich auf die Fahrbahn ausweichen darf. Gegebenenfalls (wenn es die Sicherheit erfordert) muss ich an dem Hindernis absteigen und daran vorbei schieben, Achtung: bei Verlassen des Radweges und Wechseln auf die Fahrbahn muss ich den Fahrbahnverkehr vorbeilassen darf nur vorsichtig in die Fahrbahn einfahren.
Annahme: Ein Radweg teilt immer die Vorfahrt der Hauptfahrbahn
Tatsache: Nur der straßenbegleitende Radweg teilt die Vorfahrtsrechte der Hauptfahrbahn. Ist der Radweg abgesetzt (über 5 m von der Fahrbahn weg) oder durch Hecken etc. visuell von der Fahrbahn getrennt, dann gilt für den abgesetzten Radweg ein eigenes Regime. Wichtig wird dies bei Einmündungen und Kreuzungen. Dort muss dann der ein- oder abbiegende Fahrverkehr nicht mit dem Vorfahrtsrecht der Radfahrer rechnen. Also Vorsicht: Radfahrer haben dann keine Vorfahrt! Radfahrer muss man dann nicht durchfahren lassen.
Ist ein Gehweg und für Radfahrer frei gegeben, dann gilt dort: Im Kreuzungsbereich absteigen und sich wie die Fußgänger verhalten!